Das Lastenheft kommt stets vom Auftraggeber und beschreibt, was er haben möchte. Das Projektprodukt wird so detailliert, wie es dem Auftraggeber möglich ist, beschrieben. Wenn man als Auftragnehmer Glück hat, macht er das sehr genau, so dass kaum Fragen offenbleiben. Es wird eine Projektbeschreibung, Ziel, Sinn und Zweck des Projektproduktes, Anforderungen und eventuell noch das ein oder andere mehr, genannt.

Generell ist es meist so, dass, je größer das Projekt und je größer der Auftraggeber, je eher bekommt man ein sinnvolles Lastenheft. Je kleiner und je unerfahrener das Projekt und der Auftraggeber, je unwahrscheinlicher wird die Vorlage eines Lastenheftes.

Ich hatte immer wieder dieses Problem. Kleine Projekte, die meist drei Monate nicht überstiegen und oft genug sich in einem Monat umsetzen ließen, erforderten meist lange Telefongespräche, in denen ich zunächst erst einmal herausfinden musste, was denn der Kunde genau möchte. Und wenn sich dann herausstellte, dass das Projekt doch etwas umfangreicher wird, „verdonnerte“ ich meine Kunden meist dazu, mir ein Lastenheft zu schreiben. Doch meist erhielt ich dann doch nur eine Stichwortsammlung, die selten über eine Drittel DIN-A4-Seite hinausging.

Gibt es gesetzliche Vorgaben?

Das Lastenheft soll das Produkt, welches im Rahmen des Projekts erstellt werden soll, so genau wie möglich beschreiben. Somit kommen der Inhalt und auch die Form ganz auf das Produkt an. Ein Staudamm benötigt andere Informationen als ein neuer innovativer Staubsauger benötigt andere Information als eine Software zur automatischen Steuererklärung für Selbstständige.

Es gibt in Deutschland die DIN-69901. Diese Normung beschreibt unter anderem ganz genau, wie ein Lastenheft auszusehen hat. Allerdings muss nicht zwingend nach DIN-69901 das Projektmanagement ablaufen. Es gibt zahlreiche weitere Normen und Standards. Beispielweise PRINCE2, IPMA, ICB oder PMBOK. Somit gibt es zwar die ein oder andere Richtlinie, aber keine gesetzliche Handhabung.

Es haben sich aber einige Punkte etabliert und sollten generell in einem Lastenheft vorkommen. Und der Auftraggeber sollte unbedingt Sorgfalt walten, denn klare und einfache Formulierungen, können zu einem erfolgreichen Abschluss des Projektes beitragen!

Was sollte in einem Lastenheft stehen?

Neben Informationen, wann es von wem erstellt und gegebenenfalls geändert wurde und solch lapidaren Dingen, wie ein Inhaltsverzeichnis, sollte unbedingt eine kleine Einleitung enthalten sein. Dort steht dann beispielsweise drinnen, dass das Lastenheft bei Vertragsabschluss bindend ist, dass die Rahmenbedingungen und die funktionalen und nicht funktionalen Anforderungen genannt werden. Sinn könnte auch der Satz machen, dass die Rahmenbedingungen und Anforderungen im Pflichtenheft[1] detailliert ausformuliert werden.

Am Anfang wird auch der Auftraggeber, gegebenenfalls sein Titel, genannt

Nach der Einleitung folgt der allgemeine Teil, der sich gern in Unterpunkten ein wenig aufgliedert:

Einleitung
Kurze Beschreibung über den Sinn dieses Lastenhefts.

Wer ist der Auftraggeber

Allgemein

  • Ziel und Zweck des Dokuments
    „Dieses Lastenheft beschreibt ein Projekt zu diesem Inhalt…“
  • Ausgangssituation
    Warum wird das Projekt gemacht, was ist der Sinn?
    Welches Problem soll behoben werden?
    Warum gibt es Handlungsbedarf – Der Sinn und Zweck des Projekts
  • Projektbezug
    Wenn schon Haupt-, Teil- oder Nebenprojekte existieren, werden diese hier genannt
  • Abkürzungen
    Nicht immer werden Lastenhefte von Menschen gelesen, die Ihre Terminologie kennen. Und manchmal werden auch eher untypische Abkürzungen benutzt. Damit es hier nicht zu Missverständnissen kommt, erklären Sie Ihre Abkürzungen!
  • Verteiler und Freigabe
    Erwähnen Sie die wichtigsten Personen Ihrer Firma, bzw. wer welche Funktion im Zusammenhang mit dem Projekt hat. Idealerweise mit eMail-Adresse und Telefonnummer. Das kann gern auch tabellarisch gemacht werden.

Nach dieser allgemeinen Einführung geht es nun in das eigentliche Konzept. Es darf auch gern etwas ausführlicher werden. Schließlich soll der Auftragnehmer anhand dieses Lastenheftes Ihr Projekt umsetzen.

Konzept

  • Ziele des Auftraggebers
    Welches Ziel wird in der Umsetzung des Projektproduktes verfolgt. Dabei ist nicht wichtig, ob Sie persönlich das Produkt benutzen oder es für einen Endanwender produziert wird. Ein Produkt hat immer ein Ziel. Formulieren Sie es hier.
    IST- und SOLL-Zustand kann hier sehr gut beschreiben werden. Es ist auch möglich hier eigene Gliederungspunkte zu erstellen.
  • Zielgruppe
    Für wen soll das Projektprodukt hauptsächlich erstellt werden? Für Senioren, Jugendliche, Kinder, Eltern, Patienten, Rechtsanwälte oder wer soll anschließend das Produkt hauptsächlich nutzen? Und eine kurze Erklärung, warum gerade diese Zielgruppe(n) und was im Produkt Besonderes ist, was der Zielgruppe(n) dient.

Nach diesem kurzen Exkurs zum konzeptionellen Teil geht es direkt in die funktionalen und von dort in die nicht funktionalen Anforderungen. Ein sehr wichtiger Teil, dem Sie eine gewisse Aufmerksamkeit widmen sollten, denn hier werden wesentliche Dinge beschrieben und letztlich umgesetzt.

Funktionale Anforderungen

Wenn Sie eine Software entwickeln wollen, halten Sie hier fest, was die Software können müssen soll. Sie soll vielleicht die Steuererklärung automatisieren oder eine Webseite erstellen sollen oder den Inhalt einer Datenbank abbilden und die Daten verwalten.

Der Staudamm soll Strom erzeugen. Die Philharmonie die Reinheit des Klanges abbilden. …

  • Anforderung 1
  • Anforderung 2
  • Anforderung 3
  • Anforderung …

Nicht funktionale Anforderungen

Dazu kann die Qualität des Produkts gehören, auch das Design – sei es die Verpackung oder das Aussehen einer Software. Dazu gehören eventuell Gesetze oder Normen, wenn diese für Ihr Projekt gelten. Dazu können bestimmte technische Voraussetzung, wie beispielweise die Hardwareanforderungen einer Software oder die Stromversorgung eines Gerätes gehören.

  • Allgemeine Anforderungen
    Das Gerät darf nur im Freien benutzt werden. Ausreichende Belüftung notwendig. Das Produkt muss mit Gummihandschuhen benutzt werden, eine Sicherheitsbrille oder andere Voraussetzungen könnten hier hineingehören.
  • Gesetzliche Anforderungen
    Ist die DSGVO[2] hier wichtig und wenn ja, in welcher Form?
    Haben Sie Anforderungen an TÜV[3], DIN[4]- oder ISO[5]-Normen?
  • Technische Anforderungen
    Hard- und Software, Stromversorgung, Schnittstellen (USB beispielsweise am PC, Internetzugang, Smartphone, …)

  • Was vergessen? Dann führen Sie weitere nicht funktionale Anforderungen dazu!

Nach den Anforderungen definieren Sie was genau eigentlich geliefert werden soll. Bei einem Staudamm beispielsweise scheint das ziemlich klar zu sein. Der muss natürlich funktionieren und das Wasser stauen. Aber gehört eine Fischtreppe zum Lieferumfang und das zugehörige Umspannwerk ist Bestandteil des Projekts oder gehört das nicht dazu? Eine genaue Umschreibung und Definition ist stets wichtig, um Unklarheiten oder gar Fehler zu vermeiden!

Lieferung

Wenn es mehrere Auftragnehmer gibt, dann halten Sie zum einen fest, wer welches Teilprojekt liefert und vor allem wann!

  • Lieferumfang
    Was genau soll geleifert werden?
  • Kosten
    Zu welchem Preis soll geleifert werden? Geben Sie ein Budget vor. Es kann auch Sinn machen, hier bereits die Kosten genauer aufzuschlüsseln. Also welche Kosten für welche Komponente.
    Der Staudamm wird sicherlich teurer sein, als die mit gelieferte Fischtreppe.
  • Liefertermin
    Keiner möchte einen zweiten „Berliner Flughafen“. Definieren Sie hier genau, wann geliefert werden soll. Geben Sie aber auch etwas Spiel für den Auftragnehmer dazu. Unrealistische Forderungen können hier ihren Anfang nehmen. Auftragnehmer und -geber arbeiten jedoch zusammen!
  • Ansprechpartner und Lieferort
    Wohin möchten Sie die Lieferung haben? Beim Staudamm ist das offensichtlich, bei einer Software nicht.
    Es kann sich um eine Stadt oder Abteilung handeln. Und wer ist vor Ort der Ansprechpartner oder soll informiert werden über die Lieferung?

Fast geschafft. Zu guter Letzt definieren Sie, was das Projekt erfolgreich macht. Oder besser: Ab wann es abgenommen wird. Welches die Voraussetzungen für eine Abnahmen sind.

Klar, werden Sie vielleicht nun denken, wenn das Projekt fertig ist! Doch wann genau ist es fertig? So manche Software, besonders gern Computerspiele, werden mit Fehlern, sogenannten Bugs, ausgeliefert und oftmals erst zu einem späteren Zeitpunkt mit Updates fehlerfreier gemacht. Wenn die Fischtreppe im Staudamm nicht für jede Fischart geeignet ist, ist dann dennoch der Staudamm fertig und kann in Betrieb genommen werden?

Abnahmevoraussetzungen

Wann also genau gilt das Projekt als abgeschlossen und wer definiert das? Manche Firmen haben ein Qualitätsmanagement. Benennen Sie diese Abteilung oder Einzelperson(en).

Und nun zum wirklich allerletzten Punkt:

Anhang

Wenn Sie Anhänge haben – Skizzen, Fotos, Grafiken, Diagramme oder und – Dinge, die als Hintergrund zum Projektprodukt dienen können - hier gehören sie hin.

Struktur eines Lastenheftes

Das eine ist die inhaltliche Struktur, wie oben beschreiben. Das andere ist die äußerliche Struktur. Es macht großen Sinn hier mit Gliederungsnummern zu arbeiten. Zum einen ist es leichter bei Änderungen darauf einzugehen. Beispielsweise:

LfdNr.

Datum

Version

Geänderte Kapitel

Art der Änderung

Wer

Status

1

21.04.2022

1

Alle

Ersterstellung

Albrecht D.

-

2

23.04.2022

1.1

2.1

Ergänzung

Theodor F.

fg

3

24.04.2022

1.2

3.4

Aktualisierung

Immanuel K.

i.B.

Beim Status sind diese Kürzel weit verbreitet:

  • fg = fertig gestellt
  • B. = in Bearbeitung
  • pausiert
  • Prüfung
  • Abgebrochen

Zum anderen wird sich das Pflichtenheft an der Gliederung des Lastenheftes orientieren und kann leichter arbeiten, wenn das Lastenheft mit einer klaren Gliederung vorlegt. Das Pflichtenheft greift die Gliederungsnummern des Lastenheftes später wieder auf.

Somit ist es sowohl für den Auftraggeber als auch -nehmer einfacher, die einzelnen Punkte zu überprüfen und so das Projekt zu „einem Guss“ zu machen.

Wie könnte es also aussehen:

  • Einleitung
  • Allgemein
    • Ziel des Dokuments
    • Ausgangssituation
    • Projektbezug
    • Abkürzungen
    • Verteiler und Freigabe
  • Konzept
    • Ziele des Auftraggebers
    • Nutzen und Ziele des Anwenders
    • IST-Zustand
    • SOLL-Zustand
    • Zielgruppe
  • Funktionale Anforderungen
    • Anforderung A
    • Anforderung B
    • Anforderung C
  • Nicht funktionale Anforderungen
    • Allgemeine Anforderungen
    • Gesetzliche Anforderungen
    • Technische Anforderungen
  • Lieferung
    • Lieferumfang
    • Kosten
    • Liefertermin
    • Ansprechstelle/-partner und Lieferort
  • Abnahmevoraussetzungen
  • Anhang

 

[1] Das Pflichtenheft ist die Antwort des Auftragnehmers zum Lastenheft und wird letztlich von beiden Seiten unterschrieben und zum Vertrag gemacht
[2] DSGVO = Datenschutz-Grundverordnung
[3] TÜV = Technischer Überwachungsverein
[4] DIN = Deutsches Institut für Normung
[5] ISO = Internationale Organisation für Normung